Königlich bayerische Hoflieferanten - Verleihungen und Verleihungspraxis


Von Marita Krauss

Der Titel eines „Königlich bayerischen Hoflieferanten“ oder eines Hofjuweliers, Hofglasermeisters, Hof-Parquettfabrikanten etc. konnte natürlich nur in der Zeit der bayerischen Monarchie verliehen werden, also zwischen 1806 und 1918. Geehrt wurden mit solchen Titeln immer nur Personen, nicht Firmen. Starb der Hoftitelinhaber, mussten die Witwen oder Söhne, die das Geschäft weiterführten, den Titel neu beantragen. Wenn sich die Stellung des Betriebes verschlechtert hatte, wurde der Hoftitel nicht wieder verliehen. Die Ernennungen wurden wie Ordensverleihungen in Regierungsblättern veröffentlicht. Insgesamt erhielten in diesen Jahren rund 1700 Personen königlich bayerische Hof- oder Hoflieferantentitel verliehen. Diese Personen standen für rund 1060 Firmen.

Ernennung durch königlichen Befehl

In den ersten Jahren der Monarchie gab es keine nachvollziehbaren Regeln für die Verleihungen. Der König beschloss eine Ernennung und der so Ausgezeichnete wurde schriftlich davon in Kenntnis gesetzt. 1817 stand die erste Hoftitel-Ernennung im Regierungsblatt. König Ludwig I. erließ 1834 eine erste Entschließung zu diesem Thema: Er verlangte von zukünftigen Hoftitelträgern „Gewandsgeschicklichkeit“, also einen gewissen gesellschaftlichen Schliff im Umgang mit den höheren Ständen, die Kenntnis über angemessene Kleidung und Anreden, er verlangte „tadellosen Charakter“ und politische Zuverlässigkeit. In seiner Regierungszeit wurden die bis 1874 einzigen „Hoflieferanten“-Titel vergeben. Sie gingen ins damalige Ausland, und zwar an den „Destillateur des sogenannten kölnischen Wassers, Joseph Anton Farina in Köln den Titel eines Hoflieferanten Ihrer Majestät der regierenden Königin“. Ein Jahr später zog Franz Anton Zanoli nach, „Handlungs-Inhaber und Destillateur Kölnischen Wassers, Hoflieferant“. In Bayern kannte man den Titel des „Hoflieferanten“ bis dahin nicht, in Köln war er eingeführt und daher von den Betreffenden so beantragt worden. In Bayern blieb der Hoftitel weiterhin die höherwertige Bezeichnung.

„Hoftitelcommission“ und Verleihungsinstruktionen

Max II. bemühte sich Mitte des 19. Jahrhunderts um eine Systematisierung des Hoftitelwesens. Das zeigt seine „Instruction über die Behandlung der Gesuche um allergnädigste Verleihung von Hoftiteln“ vom Dezember 1851, die einen geregelten Dienstweg vorsah. Der Obersthofmeisterstab erhielt die Federführung und es entstand die „Hoftitelcommission“. Deren Zusammensetzung macht sichtbar, wie sehr anfänglich die Hoftitelverleihung auf die Haupt- und Residenzstadt München konzentriert war: In der Kommission saßen der Münchner Bürgermeister, der Münchner Polizeidirektor, ein Mitglied des Polytechnischen Vereines, und entsprechende Hofbeamte; die letzte Entscheidung über die Verleihung traf aber weiterhin der Monarch. In der Habsburger Monarchie gab es übrigens keine derart „demokratische“ Kommission, dort war allein der kaiserliche Obersthofmeisterstab für Überprüfung und Verleihung zuständig. Im Mai 1852 entstand dann eine Regelung, die fast das ganze 19. Jahrhundert hindurch mit kleinen Modifikationen Bestand haben sollte: Die Titel wurden als „Belohnung für den betreffenden Gewerbetreibenden angesehen werden, welcher zur Hebung und Ausdehnung seines Geschäftes Ausgezeichnetes oder doch Vorzügliches geleistet hat“. Der Gesuchsteller musste „seinem Charakter, seinen moralischen und politischen Gesinnungen gemäß dieser Ehre würdig“ sein, er musste sein Geschäft „auf eine schwungvolle Weise“ betreiben, so dass „Fortschritt und Weiterentwicklung“ zu erwarten waren, und das Geschäft sollte auf „einer künstlerischen Grundlage“ beruhen. Es ging also auch um Innovation und eine Förderung des „Künstlerischen“.

Auf einer langen Liste wurden die Gewerbe aufgeführt, die für die Verleihung in Frage kamen und der Ausgeschlossenen. Zu letzteren zählten u. a. die Bierbrauer, die sich daher meist Habsburger Hoftitel besorgten, später auch Apotheker, etliche Händler des täglichen Bedarfs. Selbst die Fotografen, die vorher eine große Gruppe unter den Hoftitelträgern ausgemacht hatten, sollten nach 1912 eigentlich keine Titel mehr erhalten. Aktiengesellschaften und Gesellschaften mit beschränkter Haftung blieben in Bayern bis zum Ende der Monarchie ausgeschlossen, im Gegensatz zu Österreich-Ungarn. Die Ernennungen waren an die Person des Geehrten gebunden.

Der Entscheidung über eine Verleihung lag meist ein Antrag zugrunde. Daraufhin wurden vom Obersthofmeisterstab Erkundigungen eingezogen. Die Praxis der Anfragen und der Begutachtungen änderte sich zwischen 1856 und 1918. So wurde anfangs gefragt, ob die genannten Personen „zu den besonders hervorragenden ihres Geschäftes gehören und das Geschäft auch mit entsprechenden Mitteln betreiben“. Auch bei positiver Begutachtung war keineswegs sicher, dass ein Titel verliehen wurde. Manche Gesuchsteller versuchten es über mehrere Jahre immer wieder.

Nach der Weltausstellung von 1870 fanden auch Auszeichnungen den Weg in die Begutachtungen. Genannt wurde weiterhin die Mitarbeiterzahl, es folgte eine kaufmännische und moralische Beurteilung. Hinzu traten die Auszeichnungen und die Beschreibung der Buchführung: „Kaufmännisch“ hieß doppelte Buchführung, bei anderen wurde die einfache Buchführung konstatiert. In den neunziger Jahren waren diese Auskünfte um einiges vollständiger, mit genauen Angaben über Kapital, Steuern, Bilanzen und Reingewinn. Diese wirtschaftliche Beurteilung hatte die anderen Kriterien deutlich in den Hintergrund gedrängt. Bei jeder Hoftitel- oder Hoflieferantentitelverleihung fielen Gebühren an. Dies wurde im Laufe der Jahre mehrfach besprochen und neu geregelt. Sie lagen zwischen 75 und 3000 Mark Zwei Drittel davon flossen in die Hofkasse, ein Drittel in die Staatskasse. Der König hatte jedoch auch immer die Möglichkeit, einen Titel gebührenfrei zu verleihen.

Obwohl Hoftitel vom Königlichen Hof vergeben wurden und nicht vom Bayerischen Staat, waren sie staatlich geschützt. Das galt vor allem für die unberechtigte Wappenführung, die mit 150 Mark Strafe oder Haft belegt wurde. Rechtsgrund dafür war die „Missachtung der Staatsgewalt“. Die Führung des Hoftitels selbst konnte nur mühsam geschützt werden, war er doch juristisch offiziell gar kein Titel. Dennoch blieb er begeht und hoch anerkannt.


Prof. Dr. Marita Krauss

ist Autorin des Buches „Königlich bayerische Hoflieferanten“,
München (Volk Verlag) Copyright 2009